Samstag, 10. Oktober 2020

The socks are coming out!

Wie zuletzt hier beschrieben, sind unsere Hausgenossen die Socken bekanntermaßen keineswegs das, wofür wir sie ursprünglich gehalten haben. Durch unsere Forschungsarbeit der letzten Jahre konnten wir zumindest in Nordhessen - einem Land, das durch seine lange Tradition im Bereich des Märchenhaften vor allem durch die Gebrüder Grimm gewohnt ist, über den Tellerrand des für den gemeinen Menschen Realen hinauszuschauen - durchsetzen, dass unseren kleinen Freunden etwas mehr Raum für ihr so außergewöhnliches Dasein eingeräumt wird. Seitdem erleben wir mit großer Freude wie immer mehr Socken aus ihrer düsteren unterirdischen Zurückgezogenheit zurück ins Tageslicht treten und ganz selbstbewußt ihr Leben leben. Ein schönes Beispiel sind diese beiden "alten Socken": Ausgewachsene Sockentiere, die sich für ein gemeinsames Leben binden möchten. Wir wünschen alles Liebe und Gute für den gemeinsamen Weg!

Auch Socken sollten in ihrem Leben mindestens einen Baum pflanzen. Es ist daher durchaus üblich, ihnen zur Hochzeit einen solchen zu schenken.

Glück ist, wenn man zusammen eins ergibt, ohne seine eigene Identität aufgeben zu müssen.

Ich möchte mich an dieser Stelle ganz ausdrücklich bei Kuschel-Wolle bedanken, die uns die wunderschönen Sockenlarven hat zukommen lassen. Sie hat ganze Arbeit geleistet und so konnten aus ihren Socken bei uns entspannte und glückliche Tiere entstehen! Wer mehr von ihren Werken sehen  oder vielleicht auch sein Glück bei der eigenen Aufzucht versuchen möchte, findet ihren Etsy-Shop unter diesem Link.

Samstag, 26. September 2020

He´s blue... oder: Corona macht einsam

Wir hatten Spaß miteinander - mein neuer MonsterAG-Kurs und ich. Aus der kleinen vierten Klasse von sieben Kindern, hatten fünf ihren Weg zu mir gefunden und sich (meistens) mit viel Energie und Spaß erfolgreich allen Herausforderungen gestellt, die der Puppenbau so mit sich bringt. Wir waren gerade soweit gekommen, unsere selbstentworfenen Klappmaulpuppen fertiggestellt zu haben und wollten mit ihnen bei TikTok ein neues Kapitel des Grundschulpuppentheaters schreiben, als Corona uns alle von heute auf morgen nach Hause geschickt hat. Glücklicherweise hatten meine Kids ihre Puppen größtenteils mit nach Hause genommen - alle... bis auf einen. Einer ist ganz alleine übriggeblieben und sitzt seit Mitte März bei mir fest. Ronaldo M. wartet seitdem im zehnten Meer auf das Ende der Pandemie oder ein Zeichen seines Erbauers, um endlich wieder nach Hause zu kommen.

Eigentlich feiert Ronaldo gerne, aber dieser Tage macht uns sein Bierkonsum schon etwas Gedanken - auch wenn es sich ausschließlich um eine alkoholfreie Variante handelt, so spricht es doch Bände über seinen Gemütszustand...

Er ist eigentlich eher ein harter Kerl, den nichts so leicht aus der Bahn wirft, aber er vermisst seine Familie schmerzlich.

 

Ein Bild des Jammers. Lautstarken Jammers. Liebe Nachbarschaft, es tut uns sehr leid, aber wir denken, dass es wichtig ist, dass er es ab und zu auch rauslässt und bitten um Euer Verständnis.

Oft steht er einfach nur da und schaut in die Ferne. Er redet nicht viel, aber das muss er auch nicht. Man braucht nicht wirklich große empatische Fähigkeiten, um ihn auch ohne Worte zu verstehen.

Nach und nach haben sich Hoffnungslosigkeit und Resignation in ihm breitgemacht, die wir trotz vereinter Bemühungen aller Bewohner des zehnten Meeres nur schlecht in den Griff bekommen.

Kein Licht am Horizont. Wir geben hier echt alles, um Ronaldo ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern, aber es wird zunehmend schwierig.

Kaum ein halbes Jahr alt scheint es Ronaldo so, als sei er am Ende seiner Möglichkeiten angekommen. 

Nur noch Asche und Rauch. Ja, o.k., er steigert sich da auch ein bisschen rein, aber es lebt ja nun auch jeder seine eigene Realität.

Wir hoffen auf diesem Wege Ronaldos Erbauer zu erreichen. Möglicherweise ist alles ein großes Missverständnis und er wartet genauso sehnsüchtig auf Ronaldo, wie er auf ihn. Sollte sich aber weiterhin niemand melden, werden wir wohl noch intensiver nach einem Weg suchen müssen, um die Einsamkeit aus Ronaldos Herzen zu vertreiben.

So wie ihm ist es in dieser Zeit so einigen gegangen und tut das auch noch. Zwar war auch die Hilfsbereitschaft groß, aber die Dauer der ganzen Angelegenheit macht mürbe, der Alltag hat so manche Hilfsaktion einschlafen und die Einsamen noch einsamer werden lassen.  Der Herbst und der Winter werden dieses Geschehen noch verstärken für die, die weiter vorsichtig sein möchten. Für die, die es unerträglich finden, steigt die Gefahr einer Infektion. Gerade alleine lebende ältere Menschen sind mitten unter uns davon betroffen. So einige unter ihnen sind auch nicht besonders internetaffin und daher noch weiter vom Leben abgeschnitten, als viele von uns sich das heute vorstellen können. Es ist an uns, das besser zu machen. Schon ein kleiner Anruf, eine kleine Aufmerksamkeit ändern vieles.

Samstag, 5. September 2020

Socken... oder: Das geheime Leben unserer Fußwärmer

Wir haben schon an anderer Stelle darauf hingewiesen: Mit den Socken ist das so eine Sache. Wir glauben heutzutage – wie bei so vielen Dingen – genau Bescheid zu wissen, sie in- und auswendig zu kennen. Kaum jemand verschwendet daher je einen anderen Gedanken an diese fadenverwobenen Gebilde als die zugegebenermaßen recht entscheidende Frage, ob sie sauber sind oder einer Wäsche bedürfen - und doch bergen sie schon auf den zweiten Blick ungeahnte Geheimnisse. Wer hat es zum Beispiel nicht schon erlebt? Gerade hatte man noch mehr als genug von ihnen im Schrank, da scheinen sie sich auch schon in Luft aufzulösen. Auch das Vereinzeln von zuvor paarweise vorhandenen Socken gehört zu den eigentlich ganz offensichtlich ungeklärten Phänomenen der Sockennatur. Widmen wir also für eine Weile unseren so unscheinbaren Fußwärmern unsere ungeteilte Aufmerksamkeit, folgen ihren Spuren und tauchen ein in ihre Welt.


Junges Sockentier

Socken scheinen demnach die Fähigkeit zu haben zu verschwinden. Jene, die das paarweise tun, fallen dabei weitaus weniger auf als solche, die einen vereinzelten Partner zurücklassen. In dem einen wie auch in dem anderen Fall nimmt ihre absolute Zahl jedoch ganz eindeutig ab. Schaut man dem Treiben nun einige Wochen tatenlos zu, entsteht nach und nach unweigerlich der immer wiederkehrende Mangelzustand, der bis heute noch allen Ansätzen logischer Erklärungen getrotzt hat. Diese Erklärungsversuche hatten jedoch alle eines gemein: Sie basierten auf der verständlichen, aber irrigen Annahme, Socken seien bloße Materie, also unbelebtes Material ohne eigenen Willen oder Hintersinn. Tatsächlich ist aber das Gegenteil der Fall! Auch handelt es sich keineswegs um Magie, die uns der Socken beraubt, nein. Unsere bahnbrechenden Forschungen der letzten Jahre bestätigen eindeutig, dass es sich bei den sogenannten „Socken“ um eine bislang verkannte Art, ein unauffälliges, in gewissen Teilen seines Lebenszyklusses sehr scheues Lebewesen handelt, welches als Kulturfolger seit hunderten von Jahren mit uns Menschen in einer Art Symbiose lebt, die den meisten von uns allerdings in keiner Weise bewusst ist. Im Folgenden sollen unsere Erkenntnisse kurz skizziert werden, um endlich Licht ins Dunkel der Ereignisse zu bringen.

Was also hat es in Wahrheit mit dem geheimnisvollen Verschwinden der Socken auf sich? Um dies erklären zu können, müssen wir unseren Blick auf die bislang unbekannte Biologie dieser Wesen richten. Betrachten wir den Lebenszyklus der Socken im Detail, so erkennen wir drei Entwicklungsstadien. In den ersten Tagen ihres Seins ähneln Socken nichts so sehr wie einem bloßen Faden. Diese fadenähnlichen Gebilde können, wie auch die späteren Socken selbst, in allen uns bekannten Farben auftreten und auch von unterschiedlicher Dicke sein. Über die nun folgenden Wochen entwickeln sich aus den länger werdenden Fäden allmählich komplexe Gebilde, die zunächst an Schläuche erinnern, um nach schier endlosen Verschlingungen schließlich die uns bekannten Säckchen zu bilden, die wir „Socken“ nennen und uns ungefragt an die Füße stecken. Es ist noch nicht abschließend geklärt, ob dieses Zusammentreffen zwischen Mensch und Sockentier für die Weiterentwicklung der letztendlich possierlichen Tierchen von Bedeutung ist oder es sich schlicht um einen weiteren Akt der Ausnutzung der Natur durch den Menschen handelt.

Die „Socken“ jedenfalls sind nur die Larven des Sockentieres, es ist also ein Zwischenstadium, welches früher oder später eine Metamorphose durchläuft und sich dabei zum eigentlichen Sockentier weiterentwickelt. Dieser Vorgang scheint nach unserem heutigen Kenntnisstand durch fortgesetzte Bewegung in detergentienhaltigem Wasser angetrieben zu werden. Vor allem handelsübliche Waschmaschinen bieten hier ganz offensichtlich ideale Bedingungen.

Hat sich bei einem solchen Waschvorgang nun aus der Larve ein Sockentier entwickelt, tritt es in aller Regel die Flucht über den Abwasserschlauch an, wie traurige Funde missglückter Versuche in Waschmaschinenpumpen nahelegen. Nur in seltenen Ausnahmen verbleiben die fertig entwickelten Tiere in den menschlichen Behausungen – zu traumatisch sind meist die Erfahrungen der Tiere im wehrlosen Sockenstadium.

Stattdessen leben die entkommenen Sockentiere hierzulande oft in großen Kolonien unweit der Dörfer und im Umfeld der Städte im Untergrund. Ein weiterer verbreiteter Irrtum ordnet die vielerorts sichtbaren Hügel lockerer Erde, die aus dem Graben der komplexen Gangsysteme resultieren, einem anderen Lebewesen zu. Tatsächlich sind Maulwürfe aber nur die Nutznießer und Haustiere der vollentwickelten Sockentiere, helfen gut ausgebildet bei den Grabungsarbeiten und vielen frisch entflohenen Socken durch ihre gutmütige Art und ihr Bedürfnis nach Liebe bei der seelischen Verarbeitung der Larvenzeit.


Eines der von uns nachgezogenen Sockentiere in seinem Element.

Da Sockentiere vor allem nachtaktiv und dem Menschen gegenüber verständlicherweise sehr scheu sind, bekommt man sie nur selten zu Gesicht, was den bislang mangelhaften Kenntnisstand der heutigen Forschung erklärt. Die besten Chancen haben Beobachter in sommerlichen Vollmondnächten, da sich die Tiere dann zu ihrem alljährlichen Balzritual an der Erdoberfläche treffen. Gerade auf dicht bevölkerten Wiesen kann man sie dann ihren uralten Tanz tanzen sehen und sich auf die neue Generation von Socken freuen - wobei deren Nutzung nach Meinung der Autorin aus ethischer Sicht grundsätzlich neu überdacht werden müsste. Weitergehende Forschungen werden hier dringend benötigte Erkenntnisse bringen.
 
Hier eine der ganz wenigen Aufnahmen wildlebender Sockentiere, aufgenommen in der gerade vergangenen Vollmondnacht.  
 
Übrigens scheint sich auch ein weiteres geheimnisvolles Phänomen mit Hilfe der Sockenforschung erklären zu lassen. Noch ist es etwas zu früh für dezidierte Angaben, aber es verdichten sich die Hinweise, dass wir schon bald auch die vereinzelten Schuhe am Straßenrand in einem anderen Licht sehen werden. Wir werden zu gegebener Zeit darüber berichten.

Es ist uns gelungen, einzelne Sockentiere von Hand aufzuziehen:

 

Zahmes Sockentier aus Handaufzucht

Die so umsichtig gepflegten Tiere sind zahm und dem Menschen sehr zugetan. Dadurch konnten wir weitere interessante Details über ihr Zusammenleben unter der Erde in Erfahrung bringen und wissen heute, dass sich vollentwickelte, erfahrene Tiere, die wir gerne liebevoll „alte Socken“ nennen, nach ausführlicher Suche und sehr genauem In-Augenschein-nehmen schließlich - bevorzugt lebenslang - binden. Die so vereinten Partner müssen durchaus nicht einer Farbe oder Größe sein, vielmehr vereint sie ein gemeinsamer Sinn für das Schöne im Leben, das Bedürfnis füreinander einzutreten und den Weg gemeinsam durch dick und dünn zu gehen. Man kann es am ehesten mit einem Gleichklang der Seelen bezeichnen, der beide durch die Höhen und Tiefen, die auch in einem Sockenleben vorkommen, zu tragen vermag. In diesem Sinne vereinte Socken erfreuen den Betrachter mit der zumeist von ihnen ausgehenden Ausstrahlung der entspannten Glückseligkeit. Als Zeichen dieser Liebe kommt es dann des Öfteren auch zum ausschließlich paarweisen Entlassen kleiner Geschwisterfäden in die Welt, die damit den Kreis der Entwicklung der Sockentiere schließen und einen neuen Zyklus des Lebens starten.