Dienstag, 8. August 2017

Türen öffnen... oder wie zum Donner fängt man an, Klappmaulpuppen zu bauen?

Gibt es etwas, das Ihr schon immer tun wolltet, aber Ihr wißt nicht so recht, wie man das Ganze anfängt? Ihr wollt Teil dieser Materie werden, lernen, verstehen, mitmachen, aber Ihr findet keine Tür zu diesem Universum oder wenn Ihr dann doch eine gefunden habt, hat der Raum dahinter viele neue Türen und ist so groß und unüberschaubar, dass Ihr kaum erkennen könnt, wo Ihr langgehen müßt, um Euer Ziel zu erreichen? So ging es mir zu Beginn mit den Handpuppen. Falls es Euch diesem Gebiet ähnlich gehen sollte, kann ich vielleicht ein wenig helfen.

Blacky, die fröhliche Fledermaus meiner Tochter, ist in Anlehnung an das "Glorified Sockpuppet" Schnittmuster von Project Puppet entstanden.

Wie an anderer Stelle bereits erwähnt, bin ich seit frühester Kindheit Muppets-infiziert, was mir wohl den Wunsch in die Seele geschrieben hat, meine eigenen Figuren auf diese Art und Weise zum Leben zu erwecken. Ich besuche nicht gerne Kurse, sondern bringe mir Dinge lieber selber mit Hilfe von Büchern und Internet bei, weil ich mir die Zeit dann frei einteilen und die Quellen nutzen kann, die ich am besten verstehe oder die zu meinen Ansprüchen passen. Das funktioniert auch bei diesem Thema einigermaßen, wenn man gründlich nach guten Anleitungen sucht. Allerdings ist es nicht so, dass man hier gleichermaßen viele begeistert Bücher schreibende, bloggende oder vloggende Kreative hat wie im Nähsektor. Zudem ist Puppenbau auch eine Zusammenstellung von so vielen ganz verschiedenen Techniken, die auch von Puppenbauer zu Puppenbauer durchaus variieren, dass es lange dauert und auch durchaus Geld verschlingt, einen gewissen Überblick zu gewinnen und die richtigen Werkzeuge und Materialien zusammenzubringen, um schließlich ganz am Ende auch noch einen eigenen Stil zu finden.

Recht leicht umzusetzen, günstig und mit etwas Fantasie auch sehr variabel - verschiedene Varianten des "Glorified sockpuppet" Schnittmusters von Project Puppet.

Obwohl ich selbst einige Bücher zum Thema Puppenbau besitze, würde ich für den erwachsenen Anfänger, dessen Ziel muppetähnliche Figuren sind, keines von ihnen empfehlen. Für das Basteln mit Kindern gibt es einige nette Exemplare, die ich im nächsten Post mit unterbringen werde. Ich kenne aber leider kein noch frei verkäufliches Buch, dass den Bau der Klappmaulpuppen - wenn überhaupt - so anschaulich erklärt, dass man als Einsteiger eine Chance hat, den Ausführungen zu folgen. Meiner Ansicht nach braucht es hier zumindest sehr viele Bilder, besser Videos, die die Abläufe deutlich zeigen, sonst bleiben zu viele Fragen offen. Also landen wir bei Youtube. Es ist wie immer hier auch viel Halbgares unterwegs - schaut Euch die Anleitungen bis zum Ende an, aber entscheidet bitte erst nach mindestens vier bis fünf verschiedenen, was Euch plausibel und passend für Euch selbst vorkommt. Es ist sehr hilfreich hierfür des Englischen mächtig sein, denn gute deutsche Anleitungen sind wahre Raritäten - klärt mich auf, wenn Ihr da Brauchbares gefunden habt. Der entscheidende Suchbegriff ist hier "Puppet" oder eben "Klappmaulpuppe". Von den Youtube Kanälen, die ich durchforstet habe, finde ich den von Adam Kreutinger für Anfänger am besten geeignet. Seit kurzem hat er auch ein Schritt-für-Schritt Tutorial zum Thema Puppenbau veröffentlicht und zusätzlich dazu auf seiner Homepage ein kostenloses Schnittmuster zum Ausprobieren.
Die Schnittmuster von Project Puppet sind zwar nicht kostenlos, aber sehr gut solange man sich noch nicht an eigene Muster wagt. Dort gibt es regelmäßig Aktionspreise mit 20% Nachlass - da heißt es sich auf die Lauer zu legen und zu warten. Die Anleitungen von Adam Kreutinger helfen auch sehr bei der Umsetzung der Project Puppet Muster.
Aufbauend auf den Erfahrungen, die Ihr dann habt, lohnt es sich auch z.B. über Pinterest Bilder von Puppen in verschiedenen Stadien des Baus oder auch solche von fertigen Puppen zu sammeln und auszuwerten.
Man kann den Weg durch das Universum des Puppenbaus aber tatsächlich enorm abkürzen, indem man Zugang zu jemandem bekommt, der hier schon alles erreicht hat - idealerweise jemanden wie Norman Schneider, der als der Figurenschneider seit vielen Jahren mit seinen Figuren Theater-, Fernsehproduktionen und vieles mehr zum Leben erweckt und sie zudem auch noch professionell spielt. Ich hatte das große Glück, eine Woche in seinem Atelier mitbauen zu dürfen - da flogen die Türen in meinem Kopf nur so auf und ich profitiere auch heute, fast ein Jahr später, noch davon. Mit eigenen Augen zu sehen, wie seine Figuren entstehen, welche Techniken und Werkzeuge zum Einsatz kommen, was er verarbeitet, wie er ein neues Projekt angeht, hat die unendlich vielen Fragen, die ich noch hatte, enorm reduziert - ganz abgesehen davon, dass er und seine Assistentin Maria ausgesprochen liebenswerte Menschen sind, die ich mich sehr glücklich schätze getroffen zu haben. Er gibt hin und wieder Workshops, die auf seiner oben erwähnten Seite oder bei Facebook zu finden sind. Ich kann sie jedem ernsthaft Interessierten nur ganz nah ans Herz legen - sie sind jeden Einsatz wert.

Der große Wasserdrache Diemelnix in der Bildmitte hat sein Leben im Atelier des Figurenschneiders und unter seiner Anleitung begonnen. Die beiden anderen sind die Vorzeige- und Mitbaupuppen nach eigenem Schnittmuster aus meinem Puppenbaukurs an der hiesigen Grundschule.

 Ansonsten ist es natürlich wie überall: Traut Euch, legt los, macht Fehler, habt ein bisschen Geduld und lernt. Selbst wenn nicht alles gleich funktioniert, sind meist auch schon die frühen Ergebnisse auf ihre eigene, manchmal vielleicht etwas schrullige Art liebenswert und nichts schult so sehr wie ein eigenes Projekt. In diesem Sinne: Viel Spaß!


P.S.: Bei Fragen könnt Ihr mich gerne kontaktieren, z.B. auch über meine Facebookseite oben rechts.

Mittwoch, 25. Januar 2017

Aus Träumen werden Pläne, aus Plänen Realität

Schon als Kind wollte ich mein eigenes Puppentheater haben - so ein richtiges mit viel Platz und Licht und Kulissen. O.k. - so weit so gut, aber heutzutage sollte es bitteschön auch noch transportabel sowie relativ leicht auf- und abzubauen sein und im abgebauten Zustand nicht allzu viel Platz wegnehmen. Die ersten technischen Zeichnungen wurden erstellt, bearbeitet und verworfen, neue gemacht, Materialien gekauft, gebaut, umgeplant und angepaßt. Frei nach dem Motto "Dem Ingenieur ist nichts zu schwör!" nahm mein Mann zusammen mit mir die Herausforderung an und herausgekommen ist das:

Bereits in der Endphase des Baus wurde das Puppentheater bezogen. Fledderick macht einen ganz zufriedenen Eindruck wie ich finde.
Mit ihrer 2 Meter breiten Spielfläche bietet die Bühne zeitgleich Platz für einige Kinder oder Erwachsene. Das Spielbrett ist höhenverstellbar und läßt sich so an die Körpergröße der Puppenspieler oder besondere Gegebenheiten des Aufführungsortes oder des gespielten Stückes anpassen. Die vier einzeln oder auch gemeinsam zu schaltenden Spotstrahler bieten einige Möglichkeiten Beleuchtungseffekte einzubringen und in mehreren Reihen aufzuhängende Kulissen können der Bühne Tiefe verleihen. In Einzelteile zerlegt paßt sie in einen größeren Kombi und ist in ungefähr 10 Minuten aufzustellen und auch wieder auseinanderzunehmen. Eine erste Bewährungsprobe hat die Bühne gut hinter sich gebracht und wir feilen weiter an ihr.

Dienstag, 24. Januar 2017

Macht Euch auf die Socken Socken!

Das zweite Projekt unserer Grundschul-AG waren die guten alten Sockenpuppen. Hierfür habe ich aufgrund des fellähnlichen Charakters Kuschelsocken in vielen verschiedenen Farben besorgt - die, die nicht auserwählt und zum Leben erweckt wurden, weilen heute noch an verschiedensten Familienfüßen und warten auf ihre Chance. Die meisten, die den Sprung in ihre neue Daseinsform geschafft haben, könnt Ihr hier sehen:

 
Tatsächlich glaube ich mittlerweile, dass wir hiermit auch den Grund für das scheinbare Verschwinden vieler Socken und Strümpfe bzw. das einzelne Verbleiben ihrer Partner gefunden haben. Es handelt sich bei Socken und Strümpfen nämlich um nichts weiter als das Larvenstadium der Sockenpuppen - ähnlich wie bei Raupe und Schmetterling. Wenn der Zeitpunkt der Metamorphose gekommen ist, vermutlich ausgelöst durch einen Aufenthalt in der Waschmaschine, machen sich die frischgebackenen Sockenpuppen mit dem Abwasser aus dem Staub und leben ein geheimes Leben im Untergrund oder in weit entfernten Ländern tief im Süden. Diese Theorie wird untermauert durch Funde im Zusammenhang mit mißglückten Fluchtversuchen, die tragischerweise sowohl Socke als auch Waschmaschinenpumpe das Leben kosteten. In unserem Kurs nun haben wir es aber geschafft, die Metamorphose risikolos umzusetzen und die entstandenen Sockenpuppen zum Bleiben zu überreden. Möglicherweise ergeben sich so auch ganz neue Perspektiven für die private Sockenhaltung und -nachzucht. Unsere noch sehr jungen Exemplare hier wollten aber vor allem eins: spielen! Und das durften sie auch. Im Rahmen unserer Adventsaufführung zeigten sie allerdings auch viel Disziplin und stellten in kürzester Zeit das etwa viertelstündige selbst verfasste Stück "Weihnachten für Anfänger" mit großem Erfolg auf die Beine.

Montag, 23. Januar 2017

Raupen raupen...

Seit Oktober letzten Jahres leite ich eine AG an der hiesigen Grundschule zum Thema Puppenbau und Figurentheater. Daran nehmen 19 Kinder der dritten und vierten Klasse teil, eine gute Mischung aus 9 Jungs und 10 Mädchen. Seit Beginn haben wir drei Puppenbauprojekte sowie ein Figurentheaterstück umgesetzt und bauen jetzt an unserem vierten und größten Projekt, einer Klappmaulpuppe, was uns sicher noch bis zu den Osterferien beschäftigen wird. Es macht riesigen Spaß, den Kindern Raum für ihre kreativen Ideen zu geben und weitestgehend auch möglich zu machen, diese Ideen dann umzusetzen. Die Kinder begeistern mich immer wieder mit ihrem Engagement und ihrer Phantasie, die oft noch so herrlich ungebremst ist.

Unser erstes Projekt war eine Stabpuppe in Form einer Raupe. Um vor dem geistigen Auge der Kinder eine möglichst individuelle Puppe mit viel Persönlichkeit entstehen zu lassen, war es zunächst Aufgabe, einen Steckbrief zu ihrer Raupe zu schreiben und einen Entwurf zu zeichnen.

Einige Beispiele aus der Stabraupenkolonie (sie wurden nach Beendigung des Projektes selbstverständlich in die Freiheit entlassen und tummeln sich nun vermutlich in diversen Gärten, so zum Beispiel in dem vom zehnten Meer).


Um die unwahrscheinlich große Menge an Möglichkeiten beim Thema Raupe deutlich zu machen, habe ich den Kindern Bilder von echten Raupen gezeigt. Ich kann nur jedem empfehlen, sich da im Netz umzuschauen. DEN Designer möchte ich mal treffen, der all diese irren Modelle zu verantworten hat - man kann sich kaum mehr einfallen lassen, als da schon verwirklicht wurde. Die Bewegungen der Raupen, die später für das Spiel mit der Puppe wichtig werden würden, haben wir uns dann anhand zweier kurzer Videos angesehen und besprochen. Zusätzlich hatte ich einige fertiggestellte Stabraupen dabei, um den Kindern auch eine Vorstellung vom fertigen Projekt zu geben. Nach dem Erstellen von Steckbrief und Entwurf ging es an die Arbeit mit dem Schaumstoff, der vom Quader in eine Raupenform gebracht, also mit der Schere "geschnitzt" werden sollte. Mir war es dabei wichtig, dass die Kinder das Material kennenlernen, da es in Teilen des Puppenbaus eine wichtige Rolle spielt. Gleichzeitig wollte ich die Kinder mit ihren motorischen Fähigkeiten einschätzen lernen. Dann wurde der Schaumstoff mit Filzstiften den Entwürfen entsprechend bemalt, mit verschiedenfarbigen Borsten von Handfegern oder Kunstfellabschnitten beklebt und Glasaugen oder Perlen als Augen angebracht. Zuletzt befestigten wir aus schwarzen Drahtkleiderbügeln geformte Führungsstäbe im vorderen und hinteren Ende der Puppe und probierten ihre Beweglichkeit aus. Im Sitzkreis durfte dann jeder seine Raupe mit ihrer Geschichte vorstellen, was teilweise sehr ausführlich und in jedem Fall unterhaltsam genutzt wurde - eigentlich sollte man direkt ein kleines Raupengeschichtenbuch herausbringen, so viele tolle Einfälle wurden dort von den Kindern zusammengetragen. Das ganze Projekt dauerte zwei Doppelstunden. Die Möglichkeit zu Hause kleine Videos mit den Raupen zu drehen und sie im Unterricht vorzustellen wurde leider kaum angenommen (ein Beispiel ist unten zu sehen), aber sie bekamen einen kleinen Auftritt in unserem Weihnachtsstück.